Am Samstag den 26. September 2015 fanden im Wilhelm-Leuschner-Zentrum in Bayreuth die 11. Bayreuther Gespräche statt. Mit wissenschaftlichen Experten wurde das Thema „Biographische Quellen in der Erinnerungskultur“ behandelt.
Nach einleitenden Worten durch den wissenschaftlichen Leiter der Wilhelm-Leuschner-Stiftung Wolfgang Hasibether, verlas Frau Röhler, Leiterin des Kulturamtes der Stadt das Grußwort der Oberbürgermeisterin der Stadt Bayreuth Brigitte Merk-Erbe, die Notwendigkeit der Erinnerungsarbeit an Wilhelm Leuschner betonte und der Stiftung für ihr Engagement dankte. Der DGB-Regionsgeschäftsführer für den Bezirk Oberfranken Mathias Eckardt richtete anschließend seine Grußworte an die rund 30 Besucher der Veranstaltung und erinnerte an den Vater der Einheitsgewerkschaft, dessen gesellschaftliches und politisches Engagement in Bayreuth und Europa nicht vergessen werden dürfe und durch das Engagement im Leuschner-Zentrum mit dem Nachlass Leuschners auch davor bewahrt würde.
Nach kurzen Vorträgen von Dr. Hans Simon-Pelanda (Bürgerinitiative KZ-Gedenkstätte Flossenbürg aus Regensburg), Dr. Barbara Distel (ehemalige Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau) und Dr. Willy Buschak (DGB Sachsen und Fachautor zum Gewerkschaftlichen Widerstand, Dresden) über die Bedeutung von biographischen Quellen, begann eine rege Diskussion mit dem Plenum. Was kann man anhand von biographischen Quellen und ihrer subjektiven Färbung über die Vergangenheit erfahren? Was sagen fehlende Selbstzeugnisse über eine Zeit aus? Dr. Simon-Pelanda referierte darüber wie Schulkinder leichter den Einstieg in die NS-Zeit bekommen können. Selbstzeugnisse sprechen die Jugendlichen mehr an als schlichte Daten und Zahlen. Er berichtete über sein Projekt über das KZ–Außenlager Colosseum in Regensburg und wie die Schulkinder Zeitzeugen aufgespürt haben und diese zu Vorkommnissen während der Nazizeit befragt haben. Dies war so interessant für die Jugendlichen, dass diese sogar Samstag und Sonntag an diesem Projekt gearbeitet haben.
Dr. Barbara Distel stellte vor allem heraus das Archive und schriftliche Dokumente sehr wichtige Mittel sind, um hauptsächlich die Jugendlichen an eine Geschichte heranzuführen, die lange zurückliegt. Durch das aufgeschriebene Erlebte können sie an dem vergangenen Geschehen teilhaben und die Geschichte besser begreifen. Die biographischen Quellen wecken ihr Interesse weit mehr als trockene Geschichtsfakten.
Dr. Willy Buschak zeigte in seinem Vortrag die weitverzweigten Netze des gewerkschaftlichen Widerstands auf. Vor allem am Beispiel der Internationalen Transportarbeiter Föderation machte er deutlich wie stark der Widerstand innerhalb der Gewerkschaften war, obwohl diese sofort nach der Machtübernahme durch die Nazis zerschlagen wurden und dass es genug Pläne und Programme gab für einen Umsturzplan gegen die Nationalsozialisten.
Ein weiterer Diskussionspunkt war die Auffassung des Politologen und Wagnerforschers Professor Dr. Bermbach aus dem ehemaligen Wohnhaus Houston Stewart Chamberlains in Bayreuth, das heute als Jean-Paul-Museum dient, ein Forschungsinstitut zu machen und dort über dessen antisemitische Rasseideologie und Verbindung zur Wagnerfamilie zu forschen.
Frau Dr. Distel mahnte vor der Macht der Symbolkraft und was ein solches Haus für Zeichen an die Gesellschaft ausstrahlen würde. Denkbar wäre, dass es zu einer Pilgerstätte werden würde, wie das unweit in Wunsiedel liegende Grab Rudolf Hess’, das zwar längst aufgelassen ist, aber nach wie vor Nazis zu Demonstrationen anzieht. Willy Buschak plädierte dafür, Chamberlain wenn schon, dann nur im Zusammenhang mit Wagner abzuhandeln. Im Bezug zum Erinnern an Wilhelm Leuschner in Bayreuth sei es notwendig auf den gewerkschaftlichen Widerstand mehr Stolz zu entwickeln und im steten Erinnern nicht nachzulassen. Auch Frau Distel sieht die Notwendigkeit Chamberlain innerhalb der Wagnerausstellung zu behandeln und ihm kein solitäres Erinnern zu geben.
In der Diskussion mit den Besuchern wurde mehrheitlich die Auffassung vertreten, dass die Kosten für ein Institut zur Erforschung der Chamberlain-Quellen in keinem Verhältnis zum finanziellen Aufwand stehen. Wolfgang Hasibether erinnerte an die ständigen Probleme die Erinnerungskultur in Bayreuth zu finanzieren. Die Quellen des Leuschner- Nachlasses im Archiv der Stiftung würden aufwendig digitalisiert und in der Bildungsarbeit im Rahmen der Leuschner-Gedenkstätte an die Besuchergruppen vermittelt. Dies sei klassische Gedenkstätten- und Museumsarbeit im Sinne des Themas der Bayreuther Gespräche: Sammeln, Forschen, Ausstellen und Vermitteln.
Im Anschluss an die Diskussion wurde, während eines Rundgangs, das im Keller des Wilhelm-Leuschner-Zentrums entstandene Archiv gezeigt. Es wurde in den nun fertig gestellten Räumen ein Ort geschaffen, an welchem der Nachlass Leuschners professionell aufbereitet zugänglich gemacht wurde.
Für die musikalische Begleitung des Abends sorgten Herbert Schmid und Theresa Weidhas aus Weiden. Mit Gitarre, Querflöte und Gesang wurden die Besucher noch lange unterhalten.
Mit dem Thema „Biographische Quellen in der Erinnerungskultur“ will die Wilhelm-Leuschner-Stiftung bei ihren seit 2005 durchgeführten Bayreuther Gesprächen am Samstag, den 26. September 2015 zum 11. Mal die Diskussion um die Erinnerungskultur in Europa vorantreiben.
Die biographischen Quellen im Leuschner-Archiv sind Gegenstand der Diskussion mit Experten aus der Erinnerungskultur. Nachdem die Leuschner-Stiftung seit zwei Jahren den gesamten Nachlass Leuschners digital bearbeitet und seine Biographie wissenschaftlich neu erstellt, soll der Wert der Erinnerung die in den Archiven aufbewahrt werden für die aktuelle Diskussion erörtert werden. Dabei ist es wichtig, zu untersuchen, was sagen uns die Nachlassstücke über den Ablauf der Vergangenheit und ihre Relevanz für die Gegenwart aus.
Die Veranstaltung beginnt um 14.00 Uhr und nach der inhaltlichen Diskussion ergibt sich die Möglichkeit, im Archivgeschoß des Leuschner-Zentrums die Ausstellung aus dem Bestand der Archivalien zu besichtigen.
Zu dieser Veranstaltung gibt es vorab das Programm als PDF-Datei zum Download. Bitte beachten Sie, dass bis zum Beginn der Veranstaltung noch Programmänderungen möglich sind. Wir informieren sie hier auf unserer Website.
Zum zehnten Mal seit 2005 veranstaltete die Wilhelm-Leuschner-Stiftung am 27. September 2014 ein Symposium zum Widerstand gegen das NS-Regime in Europa während des 2. Weltkriegs in der Bayreuther Zamirhalle. In diesem Jahr gab die Tagung einen Einblick in die Erinnerungsarbeit in Italien und Deutschland. Mehr als einhundert Teilnehmende waren bei den drei Veranstaltungen der Bayreuther Gespräche aus dem Bundesgebiet und dem Ausland interessierte Gäste der Stiftung. Wie von Anbeginn an wurden die Gespräche auch heuer wieder gemeinsam mit der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit und mit Unterstützung der Stadt Bayreuth sowie dem Förderverein Leuschner-Zentrum durchgeführt. Hinzu kamen bei den diesjährigen Veranstaltungen die Kooperation mit Arbeit und Leben Bayern, dem DGB Oberfranken und dem Zamirchor. Zentraler Ausgangspunkt war der siebzigste Todestag von Wilhelm Leuschner, der am 29. September 1944 in Berlin-Plötzensee von den NS-Schergen ermordet wurde. Diesmal war die Brücke zur Erinnerungsarbeit in Europa der gewerkschaftliche Widerstand in der italienischen Region um La Spezia und der angrenzenden Toskana und Leuschners Widerstandnetz gewerkschaftlicher Vertrauensleute im Jahr 1944 im Deutschen Nationalsozialismus. Zugleich mit dem siebzigsten Todestag jährten sich auch die SS-Massaker in den Alpi Apuane zum siebzigsten Mal. Im Frühjahr und Sommer 1944 wurden von den SS-Soldaten in den Bergen in der Nähe von La Spezia zivile Geiseln massenhaft ermordet. Über diese Ereignisse berichteten die Vertreter von italienischen Opferverbänden in La Spezia (Ligurien) und Fivizzano (Toskana) über den Aufstand der Arbeiterschaft gegen das NS-Besatzungsregime und die italienischen faschistischen Behörden der ‚Republica Sociale Italiano’ Benito Mussolinis und stellten dabei die heutigen Gedenkorte in der Umgebung von La Spezia vor. Bei der Begrüßung durch Hans-Otto Hemmer, den Vorsitzenden des Stiftungsrats, wies dieser auf die langjährige Tradition der Bayreuther Gespräche hin und auf den diesjährigen Anlass zum Andenken an den Todestag Leuschners hin. Er betonte, dass die Bayreuther Gespräche ganz im Zeichen des europäischen, insbesondere des italienischen, Freiheitskampfes gegen Faschismus und Nationalsozialismus stehen. Daraus ergeben sich spezifische Konsequenzen und Lehren für unsere Gegenwart wie wir sie auch dem Vermächtnis Leuschners entnehmen können. Er wies weiter darauf hin, dass die WLS es sich weiterhin zur Aufgabe mache, dieses große und ehrenvolle Erbe Leuschners zu bewahren und für Gegenwart und Zukunft zugänglich und nutzbar zu halten. Der zweite Bürgermeister der Stadt Bayreuth, Thomas Ebersberger, begrüßte die versammelten Gäste der Veranstaltung im Namen der Schirmherrin, Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, und wies auf die Verdienste der Leuschner-Stiftung für die Vertiefung der Partnerschaft zwischen Bayreuth uns La Spezia hin. Er betonte, die Verpflichtung der Stadt Bayreuth, dass Erbe Leuschner gemeinsam mit der Stiftung wach zu halten. Die Rede zum Vermächtnis Leuschners hielt, anstelle des kurzfristig erkrankten DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann, der bayerische DGB-Bezirksvorsitzende Matthias Jena. In seiner Rede über Leuschners Wirkung für die deutsche Gewerkschaftsbewegung und die Grundlagen für ein soziales Europa wurde vor allem das Vermächtnis der Einheitsgewerkschaft als bleibendes Erbe des gewerkschaftlichen Widerstands herausgestellt. Neben dem gewerkschaftlichen Widerstand des Netzwerks Leuschners behandelten die drei italienischen Referent_innen die Verfolgung und den Widerstand um La Spezia und der angrenzenden Alpi Apuane im Sommer 1944 sowie den gewerkschaftlich organisierten Widerstand der italienischen Arbeiterschaft in der Region. Der Vertreter des historischen Instituts des Widerstands von La Spezia, Fabrizio Dellepiane, skizzierte in seiner Rede den Widerstand der Gewerkschaften in der Umgebung und der Stadt La Spezia im März 1944. In der ersten Märzwoche fanden in den Regionen Piemont, Ligurien und der Lombardei Generalstreiks statt. Acht Tage lang wurden die großen Industriestandort Mailand, Genua und Turin lahm gelegt, dann breitete sich der Streik auf andere Regionen aus: Emilia Romagna, Venetto und Toskana. Zwei Millionen Arbeiter_innen nahmen an der Bewegung teil, die von großen Demonstrationen von Bauern und Landfrauen in den ländlichen Gebieten unterstützt wurden, vor allem in der Emilia Romagna. Die Forderung der Arbeitschaft bestand in dem Versuch die repressiven Maßnahmen der faschistischen italienischen Polizei und der deutschen SS zu beseitigen. Sie forderten Lohnerhöhungen, wandten sich gegen die Kriegswirtschaft und kämpften ausreichende Nahrung. Die großen Industriellen Verweigerten die Verhandlungen mit den Arbeitern, sie solidarisierten sich mit der deutschen Besatzung und gaben dieser oftmals sogar die Liste der Streikenden. Weiterhin ging der Referent auf die Streikmaßnahmen in La Spezia ein, bei dem tagelang die Kriegsindustrie in der Stadt lahm gelegt wurde. In La Spezia beteiligten sich mehr als 10.000 Arbeiter_innen an den Streikmaßnahmen. Im Anschluss an das Referat von Fabrizio Dellepiane stellte die Vorsitzende der Vereinigung der Angehörigen der Opfer, Doriana Ferrato, die Maßnahmen der deutschen Besatzung gegen die Zivilbevölkerung in La Spezia dar. Ihr Vortrag befasste sich mit den Deportationen durch die SS im Zeitraum von 1943 bis 1945. Allein aus La Spezia wurden 585 Menschen in die Konzentrationslager der Nationalsozialisten verschleppt, davon kehrten 235 nicht mehr zurück und starben in den Lagern. Die Verschleppung erfolgte zuerst in ein Konzentrationslager in Bozen und anschließend in Lager in Oberösterreich (Mauthausen) und auch nach Dachau, Flossenbürg und anderen berüchtigten Lagerorten. Der Journalist Roberto Oligeri befasste sich in seinem Vortrag mit den besonders grausamen Vergeltungsaktionen der SS in den Alpi Apuane im Sommer 1944, bei denen die SS-Truppen als angebliche Vergeltungsaktionen für Partisanenangriffe auf deutsche Truppen jeweils für einen gefallenen deutschen Soldaten zehn zivile Geiseln erschießen ließen. Er schilderte insbesondere auch die Ermordung seiner Geschwister in dem Dorf San Terrenzo Monti und befasste sich mit der Aufarbeitung dieser Gräueltaten der SS in der Nachkriegszeit. Die drei Schilderungen der italienischen Referent_innen belegten eindrucksvoll wie tief die Wunden der Verbrechen der deutschen Besatzung bis heute nachwirken und verdeutlichen zugleich die beeindruckenden Gesten der Verständigung durch unsere europäischen Nachbarn. In der anschließenden Diskussion wurde die Verarbeitung des NS-Terrors im heutigen Italien und in Deutschland mit den italienischen Referent_innen behandelt. Unter der Moderation von Beate Michl von der Bayerischen Landeszentrale für Bildungsarbeit entspann sich ein interessanter Diskurs über die Erinnerungsarbeit und die gesellschaftliche Aufarbeitung der historischen Ereignisse in Deutschland und Italien. Die Bayreuther Gespräche waren der Auftakt für ein Jugendprojekt der WLS, das durch das Gedenkstättenprogramm des Bundes und des Landes Bayern ab 2015 finanziert werden und Schulklassen aus Italien und Deutschland zur gemeinsamen Erinnerungsarbeit zusammen führen soll. Es ist geplant, die Erinnerungsorte in La Spezia, wo an die Opfer der Massaker und der Deportierten in deutsche Konzentrationslager gedacht wird und Erinnerungsorte in der Region Oberfranken aus der NS-Zeit in einem Projekt zu dokumentieren und für den Schüleraustausch lebendig werden zu lassen. Materialien in deutsch und italienisch zu den einzelnen Stationen des Gedenkens in Italien und Deutschland sollen für zukünftige Austauschprogramme erarbeitet werden. Hierzu werden die seit 2010 zwischen der WLS und den Vertretern der Stadt La Spezia und andere Orte in der Region entstandenen Kontakte weiter vertieft und der gegenseitige Austausch von Gruppen ausgeweitet werden. Im Anschluss an die vierstündige Nachmittagsveranstaltung fand ein Empfang der Stadt Bayreuth für die Gäste der Bayreuther Gespräche statt, dem sich ein einstündiges Konzert des Zamirchors Bayreuth anschloss. Die Benefizveranstaltung zugunsten der Gedenkstättenarbeit der WLS stellte in den Mittelpunkt der vorgetragenen Lieder eine Komposition des jüdischen Komponisten Peter Noa, der 1909 in Nürnberg geboren wurde und von den Nationalsozialisten verfolgt wurde. Das Lied, das der Zamirchor vortrug, trug den Titel „Frieden, Freiheit, Arbeit und Brot“ und war damit eine treffende Erinnerung an den Widerstandskampf Wilhelm Leuschners.
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Am Samstag, den 27. September 2014 – Zentrale Gedenkveranstaltung zum 70. Todestag Wilhelm Leuschners: Es spricht der DGB-Bundesvorsitzende Reiner Hoffmann in Bayreuth
Seit 2005 finden die Bayreuther Gespräche als Traditionsveranstaltung der WLS immer zum Todestag Wilhelm Leuschners statt. Heuer zum zehnten Mal. In diesem an Gedenktagen reichen Jahr 2014 wird auch an den 70. Todestag von Wilhelm Leuschner erinnert. Er wurde am 29. September 1944 in Berlin-Plötzensee von den NS-Schergen ermordet. Sein Widerstandsnetz der gewerkschaftlichen Vertrauensleute war wesentlich an den Putschplänen des 20. Juli 1944 beteiligt. Ohne seine Widerstandsstruktur im Untergrund, die bereit stand, die Macht zu übernehmen, hätten die Militärs um Graf Stauffenberg niemals das Attentat auf Adolf Hitler gewagt. Nach dem Scheitern des Putsches versteckte sich Leuschner wie viele andere im Untergrund. Durch Verrat wurde er am 16. August 1944 von der Gestapo entdeckt und am 7. und 8. September vor den sog. Volksgerichtshof des Blutrichters Roland Freisler gestellt. In einem Schauprozess wurde er zum Tode verurteilt und nach dreiwöchiger Folter am 29. September 1944 hingerichtet. Seine letzten Worte kurz vor dem Tod, „schafft die Einheit“, sind als Vermächtnis des Arbeiterwiderstands in die Geschichte der deutschen Gewerkschaften eingegangen.
Aus diesem Anlass wird als Hauptredner der Veranstaltung in der Zamirhalle in Bayreuth bei den Bayreuther Gesprächen der neu gewählte DGB-Bundesvorsitzende Reiner Hoffmann eine Gedenkrede halten.
Er wird sich mit der Bedeutung des Organisationsprinzips, der Idee der Einheitsgewerkschaft für die heutigen Gewerkschaften beschäftigen, ebenso wie mit deren möglicher kultureller Bedeutung für die Einheit der Arbeitnehmerbewegungen in Europa und der Welt. Die wesentlichen Merkmale des Widerstandes von Wilhelm Leuschner, die Verteidigung der Menschenrechte, die Grundlagen des sozialen und demokratischen Rechtsstaates und das Organisationsprinzip der Einheitsgewerkschaft sind die Diskussionsgrundlagen für das wissenschaftliche Symposium der Bayreuther Gespräche 2014. Die Idee der Einheit sozialer Bewegungen, die er gemeinsam mit dem christlichen Gewerkschafter Jakob Kaiser entwickelte, werden dabei aus den Wurzeln des Widerstandes hergeleitet und der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung gegenüber gestellt.
Der Widerstand gegen das NS-Regime in Europa wird durch italienische Referent_innen aus La Spezia, der Partnerstadt Bayreuths, beispielhaft erläutert. Sie werden den gewerkschaftlichen Widerstand in der dortigen Region vor 70 Jahren vorstellen, ebenso wie die Erinnerungsorte, die an die SS-Massaker 1944 in Norditalien erinnern.
Dieser Brückenschlag zwischen dem gewerkschaftlichen Widerstand in Deutschland und Italien soll dazu beitragen, die Bayreuther Gespräche zum Ausgangspunkt für ein Projekt „Erinnerungsorte in den Regionen Bayreuth und La Spezia“ zu machen.
Im Jahr 2015 soll ein Projekt mit Jugendlichen entstehen und Begegnungsfahrten mit den italienischen Partnern der Organisation der Deportierten in La Spezia organisiert werden. Aus den Erfahrungen des europäischen Widerstands soll so eine zukunftsweisende Friedenspolitik für Europa mitgestaltet werden.
Zu den Bayreuther Gesprächen sind alle interessierten Bürger_innen aus unserer Region herzlich eingeladen.
Gedenkstätten sind heute keine passiven Orte mehr, die stumm an die Verbrechen der NS-Zeit gemahnen. Gerade im letzten Jahrzehnt haben sie sich zu lebendigen Lernorten entwickelt, die historisches Wissen vermitteln und die Bedeutung von Demokratie und Menschenrechten in der Gegenwart zu stärken suchen. Dies wurde bei den 8. Bayreuther Gesprächen der Wilhelm-Leuschner-Stiftung am Samstag im Historischen Sitzungssaal des Alten Rathauses deutlich. Fünf Beiträge waren zum diesjährigen Thema „Historischer Lernort Gedenkstätte: Erinnern – Vermitteln – Vernetzen“ zu hören.
Nach dem Grußwort von Schirmherrin Brigitte Merk-Erbe erläuterte Wolfgang Hasibether, Leiter der Wilhelm-Leuschner-Stiftung, das pädagogische Konzept der Stiftung, die durch ihr pädagogisches Angebot die Wilhelm-Leuschner-Gedenkstätte zu einem attraktiven Lernort ab der Grundschule bis zum Seniorenalter macht. Er führte aus, dass dieses Angebot im kommenden Jahr durch eine Vernetzung mit der KZ-Gedenkstätte Lichtenburg bei Leipzig, wo Leuschner mehrere Monate inhaftiert war, ergänzt werden soll. Frau Barbara Distel, die langjährige Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, machte in ihrem Vortrag insbesondere auf die politischen Hürden aufmerksam, die bei der Einrichtung von Gedenkorten und bei der kontinuierlichen Verankerung der dortigen Arbeit zum Teil auch heute noch zu nehmen sind. Diese Problemlage wurde auch in den Beiträgen der drei Referenten aus der Bayreuther Partnerstadt La Spezia deutlich. Fabrizio Dellepiane erläuterte dem Publikum die Grundzüge der italienischen Erinnerungskultur der Gegenwart und stellte heraus, dass auch in Italien Spardiktate im kulturellen Bereich die Erinnerungsarbeit erschweren. Dabei sei diese angesichts zunehmender Versuche fragwürdiger (Pseudo-)Historiker, den Widerstand der Partisanen in Norditalien auf einen Bruderkrieg zwischen der extremen Rechten und Linken zu reduzieren, gerade heute bitter notwendig. Maurizio Fiorillo, stellvertretender Leiter des in La Spezia ansässigen Instituts zur Erforschung der Geschichte des Widerstands und der Zeitgeschichte (Istituto spezzino per la storia della Resistenza e dell’Èta contemporanea) stellte in seinem Vortrag sowohl die gegenwärtige Arbeit des Instituts als auch den langen Weg bis zur Einrichtung desselben dar. Den Unterstützern dieses und ähnlicher Institute in Italien war und ist es auch heute noch ein Anliegen, insbesondere die Pluralität des Widerstands herauszustellen und den demokratischen Geist dieser Bewegung an die Jugend zu vermitteln. Dass diese Vermittlung auch auf hochmoderne Weise geschieht, zeigte Frau Silvia Segalla in ihrem abschließenden Vortrag zur Arbeit des audiovisuellen Widerstandsmuseums (Museo Audiovisivio Della Resistenza) in Fosdinovo, 25 km von La Spezia gelegen. Mithilfe computergestützter Videopräsentationen können sich die Besucher dort die Berichte von Zeitzeugen eigenständig erschließen. Außer durch die interaktive Ausstellung wird die Erinnerung an den Widerstand in Fosdinovo aber auch durch zahlreiche Veranstaltungen bis hin zum alljährlichen „Festival des Widerstands“ gepflegt und weitergegeben.
Bei einer abschließenden Diskussionsrunde mit den Referenten konnten die Teilnehmer Fragen zum Gehörten und darüber hinaus stellen. Dabei wurde deutlich, wie wichtig die europäische Vernetzung der nationalen Erinnerungskulturen ist. Angesichts des gemeinsamen Bestrebens, Erinnerung für die Verteidigung der Demokratie in der Gegenwart fruchtbar zu machen und sich ähnelnder entgegenstehender Hindernisse politischer und finanzieller Natur erscheint es sinnvoll, gemeinsam nach Lösungen für die Zukunft zu suchen. Dafür muss jedoch erst einmal Wissen über die Ausgangslage im jeweils anderen Land vermittelt werden, insbesondere auch an zukünftige Generationen. Hierzu wurde mit den 8. Bayreuther Gesprächen ein guter Grundstein gelegt.