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Gedenkstätten sind heute keine passiven Orte mehr, die stumm an die Verbrechen der NS-Zeit gemahnen. Gerade im letzten Jahrzehnt haben sie sich zu lebendigen Lernorten entwickelt, die historisches Wissen vermitteln und die Bedeutung von Demokratie und Menschenrechten in der Gegenwart zu stärken suchen. Dies wurde bei den 8. Bayreuther Gesprächen der Wilhelm-Leuschner-Stiftung am Samstag im Historischen Sitzungssaal des Alten Rathauses deutlich. Fünf Beiträge waren zum diesjährigen Thema „Historischer Lernort Gedenkstätte: Erinnern – Vermitteln – Vernetzen“ zu hören.
Nach dem Grußwort von Schirmherrin Brigitte Merk-Erbe erläuterte Wolfgang Hasibether, Leiter der Wilhelm-Leuschner-Stiftung, das pädagogische Konzept der Stiftung, die durch ihr pädagogisches Angebot die Wilhelm-Leuschner-Gedenkstätte zu einem attraktiven Lernort ab der Grundschule bis zum Seniorenalter macht. Er führte aus, dass dieses Angebot im kommenden Jahr durch eine Vernetzung mit der KZ-Gedenkstätte Lichtenburg bei Leipzig, wo Leuschner mehrere Monate inhaftiert war, ergänzt werden soll. Frau Barbara Distel, die langjährige Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, machte in ihrem Vortrag insbesondere auf die politischen Hürden aufmerksam, die bei der Einrichtung von Gedenkorten und bei der kontinuierlichen Verankerung der dortigen Arbeit zum Teil auch heute noch zu nehmen sind. Diese Problemlage wurde auch in den Beiträgen der drei Referenten aus der Bayreuther Partnerstadt La Spezia deutlich. Fabrizio Dellepiane erläuterte dem Publikum die Grundzüge der italienischen Erinnerungskultur der Gegenwart und stellte heraus, dass auch in Italien Spardiktate im kulturellen Bereich die Erinnerungsarbeit erschweren. Dabei sei diese angesichts zunehmender Versuche fragwürdiger (Pseudo-)Historiker, den Widerstand der Partisanen in Norditalien auf einen Bruderkrieg zwischen der extremen Rechten und Linken zu reduzieren, gerade heute bitter notwendig. Maurizio Fiorillo, stellvertretender Leiter des in La Spezia ansässigen Instituts zur Erforschung der Geschichte des Widerstands und der Zeitgeschichte (Istituto spezzino per la storia della Resistenza e dell’Èta contemporanea) stellte in seinem Vortrag sowohl die gegenwärtige Arbeit des Instituts als auch den langen Weg bis zur Einrichtung desselben dar. Den Unterstützern dieses und ähnlicher Institute in Italien war und ist es auch heute noch ein Anliegen, insbesondere die Pluralität des Widerstands herauszustellen und den demokratischen Geist dieser Bewegung an die Jugend zu vermitteln. Dass diese Vermittlung auch auf hochmoderne Weise geschieht, zeigte Frau Silvia Segalla in ihrem abschließenden Vortrag zur Arbeit des audiovisuellen Widerstandsmuseums (Museo Audiovisivio Della Resistenza) in Fosdinovo, 25 km von La Spezia gelegen. Mithilfe computergestützter Videopräsentationen können sich die Besucher dort die Berichte von Zeitzeugen eigenständig erschließen. Außer durch die interaktive Ausstellung wird die Erinnerung an den Widerstand in Fosdinovo aber auch durch zahlreiche Veranstaltungen bis hin zum alljährlichen „Festival des Widerstands“ gepflegt und weitergegeben.
Bei einer abschließenden Diskussionsrunde mit den Referenten konnten die Teilnehmer Fragen zum Gehörten und darüber hinaus stellen. Dabei wurde deutlich, wie wichtig die europäische Vernetzung der nationalen Erinnerungskulturen ist. Angesichts des gemeinsamen Bestrebens, Erinnerung für die Verteidigung der Demokratie in der Gegenwart fruchtbar zu machen und sich ähnelnder entgegenstehender Hindernisse politischer und finanzieller Natur erscheint es sinnvoll, gemeinsam nach Lösungen für die Zukunft zu suchen. Dafür muss jedoch erst einmal Wissen über die Ausgangslage im jeweils anderen Land vermittelt werden, insbesondere auch an zukünftige Generationen. Hierzu wurde mit den 8. Bayreuther Gesprächen ein guter Grundstein gelegt.

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