Am 81. Todestag von Wilhelm Leuschner wurde ein Ausstellungsprojekt zu seinem Leben und Wirken durch die Wilhelm-Leuschner-Stiftung erfolgreich bei den 20. Bayreuther Gesprächen am 29.9.2025 in der Beruflichen Oberschule Bayreuth der Öffentlichkeit vorgestellt. Über fünfzig Teilnehmende besuchten die Ausstellungseröffnung, bei der die Bearbeiter der Ausstellung Wolfgang Hasibether (Materialrecherche und Texte) und Christian Bölke (Layout und Grafik) die Ausstellung erläuterten.
Auf vierzehn Rollups werden Bilder und Dokumente aus dem Leuschner-Nachlass im Archiv der Stiftung vorgestellt, die die Lebensstationen des bedeutenden Widerstandskämpfers gegen die Nazis beleuchten. Der erste Abschnitt zeigt seine Kindheit und Jugend in Bayreuth mit ihren Schul- und Ausbildungsjahren und der Wanderschaft als Holzbildhauer in den Jahren 1908 bis 1910, die ihn immer wieder in seine Heimatstadt zurückführte. Von Mitte 1910 bis 1933 wird sein Aufstieg in Darmstadt vom Kunsthandwerker zum bedeutenden Politiker der Weimarer Republik gezeigt. Dieser zweite Abschnitt zeigt auch sein Wirken als hessischer Innenminister und seinen Kampf gegen den Aufstieg des Nationalsozialismus. In dem dritten Abschnitt wird dann sein Widerstand im sogenannten ‚Dritten Reich’ ab 1933 in Berlin, beginnend mit seiner Haftzeit in den Konzentrationslagern der Nazis bis zum Juni 1934 gezeigt. Die letzten zehn Jahre seines Lebens werden dokumentiert durch Bilder über sein reichsweites Widerstandsnetz und den Versuch eine Einheitsgewerkschaft zu organisieren. Auf dem letzten Rollup wird sein Vermächtnis als Vater der Einheitsgewerkschaft dargestellt.
Die Ausstellung wurde eröffnet durch die Begrüßung des Schulleiters, Oberstudiendirektor Timo Eckert, der die Bedeutung von analogen Lehrmitteln im Zeitalter von socialmedia hervorhob.
Oberbürgermeister Thomas Ebersberger verwies auf die über zwanzigjährige Arbeit der Leuschner-Stiftung in der Vermittlung von demokratischen Werten durch deren Gedenkstättenarbeit seit 2002.
Schirmherr der Ausstellung, Regierungspräsident Florian Luderschmid, betonte die Wichtigkeit der Erinnerungsarbeit als Grundlage für die demokratische Erziehung der Jugend. Er dankte der Stiftung für Ihre langjährige Arbeit und wünschte der Ausstellung viel Erfolg in der pädagogischen Arbeit.
Stiftungsratsvorsitzender Wolfgang Hasibether erläuterte die über viermonatige Arbeit vom Juni bis September 2025 zur Erstellung der 14 Rollups, für die ausschließlich Material aus dem Leuschner-Nachlass im Archiv der Stiftung verwendet wurde. Die Ausstellung wird bis Ende des Jahres in der Beruflichen Oberschule Bayreuth für den Unterricht verwendet und dann Anfang 2026 an das Gymnasium Christian-Ernestinum in Bayreuth weitergegeben. Ein Begleitheft zur Ausstellung steht als Unterrichtsmaterial über Leben und Wirken Leuschners ebenfalls zur Verfügung.
Auf der Website der Stiftung kann die erste Fassung der Ausstellung von 2015 recherchiert werden. Die neue Ausstellung kann unter
Regierungspräsident Luderschmid bei der Eröffnung
Der DGB-Kreisverband Bayreuth und die Wilhelm-Leuschner-Stiftung luden zum zweiten Teil der ‚20. Bayreuther Gespräche‘ am 30. September 2025 ein.
„Täter, Helfer, Trittbrettfahrer“ – NS-Belastete aus Oberfranken
Die Buchvorstellung mit Herausgeber Dr. Wolfgang Proske und Vortrag von Prof. Jörg Becker mit Diskussion im Rahmen der „Bayreuther Gespräche“ erhielt am Dienstag, 30. September um 18 Uhr im Leuschner-Zentrum, Herderstraße 29, in Bayreuth mit über sechzig Teilnehmenden eine große Resonanz.
Seit 2010 existiert die Buchreihe „Täter, Helfer, Trittbrettfahrer“, die seit 2014 im Kugelberg Verlag erscheint. Nun erschien mit dem 20. der letzte Band „NS-Belastete aus Oberfranken“, in dem 18 Autorinnen und Autoren über 24 einschlägige Fälle berichten. Nach 470 Artikeln von 247 Autorinnen und Autoren über die regionale NS-Täterforschung kommt Herausgeber Dr. Wolfgang Proske zu dem Schluss: „Die NS-Geschichte muss nicht neu geschrieben, aber im Detail erweitert und nachjustiert werden.“
Der Band bespricht (in alphabetischer Reihenfolge) oberfränkische NS-Belastete, die mit Bamberg, Bayreuth, Burgkunstadt, Coburg, Ebermannstadt, Gräfenberg, Heiligenstadt, Helmbrechts, Hof, Kirchenlamitz, Kulmbach, Marktschorgast, Naila und Zeyern verbunden waren. Ihre Wirkungsorte lagen oft außerhalb: in München oder Berlin etwa, aber auch in Sobibor. Der Band ist mit einem Geleitwort versehen, das Wolfgang Hoderlein, der frühere Landtagsabgeordnete und Landesvorsitzende der SPD, beigesteuert hat. Einen Artikel dazu beigetragen hat Jörg Becker, Gewerkschafter, Politikwissenschaftler und Publizist aus Solingen. Er hielt an diesem Abend einen packenden Festvortrag und fragte: „Stehen wir politisch am gleichen Punkt wie 1933?“ Dabei beleuchtete er die sozialen und wirtschaftlichen Parallelen bzw. Unterschiede zwischen dem Erstarken des Rechtsextremismus im 20. Jahrhundert und heute. Darüber wurde im Anschluss in der Diskussion ein Meinungsaustausch geführt. Der Vortrag steht hier zum Download bereit:
Mit diesem Abend endeten die „Bayreuther Gespräche“ 2025. Diese organisiert bereits seit 20 Jahren immer um den Todestag Wilhelm Leuschners herum die gleichnamige Stiftung um ihren Vorsitzenden Wolfgang Hasibether. Leuschner kam 1890 in Bayreuth zur Welt und wurde am 29. September 1944 von den Nazis ermordet. Der Gewerkschafter und Sozialdemokrat hatte den zivilen Kreis zur Unterstützung der Hitler-Attentäter um Stauffenberg organisiert. Das Attentat am 20. Juli 1944 schlug fehl, der Diktator überlebte. Leuschner war im NS-Regime der Kopf der Untergrund-Gewerkschaft und wäre für den Fall eines geglückten Umsturzes als Vizekanzler vorgesehen gewesen. Stattdessen wurde er verhaftet und gehängt. Die Leuschner-Stiftung und die Bayreuther gewerkschaftlich Aktiven bewahren ihm ein ehrendes und lebendiges Gedenken.