Am 6. November 2016 fand der erste Projekttagmit dem Deutsch-Französischen Gymnasium aus Saarbrücken statt
Am Sonntag den 06.11.2016 fand der erste Projekttag mit dem Deutsch-Französischen-Gymnasium (DFG) aus Saarbrücken statt. 42 Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse aus dem mathematisch– naturwissenschaftlichen Zweig S, dem wirtschaftswissenschaftlichen Zweig ES und ihre begleitenden Lehrer trafen sich mit den Mitarbeitern der Wilhelm-Leuschner-Stiftung zu einer Einführung im Wilhelm-Leuschner-Zentrum. Anschließend ging es dann in die Innenstadt zum Markgräflichen Opernhaus, um sich mit der Region, in welcher die Studienwoche stattfindet, vertraut zu machen.
Innerhalb dieser Studienwoche sollen durch die Projekttage mit der Wilhelm-Leuschner-Stiftung folgende Lernziele erreicht werden: durch die Erkundung der historischen Lernorte, lernen die Schülerinnen und Schüler verschiedene Strukturmerkmale der NS-Diktatur kennen. In Bayreuth im Geburtshaus Leuschners, der heutigen Wilhelm-Leuschner-Gedenkstätte der Stadt Bayreuth und in der Archivausstellung zum Nachlass Wilhelm Leuschners im Wilhelm-Leuschner-Zentrum, werden die Schulklassen mit dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus vertraut gemacht. Durch Materialien, die die Wilhelm-Leuschner-Stiftung für die Schulklassen konzipiert hat, erlangen die Schülerinnen und Schüler an den jeweiligen Lernorten einen Eindruck, welche Ausmaße die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten angenommen hat. Am Ende der Seminarwoche sollen die Teilnehmer Denkmuster zur Stabilisierung politischer Herrschaft, Ideologien des Rassismus sowie Vorurteile besser begreifen lernen.
- Stadtrundgang und Einsatz der Broschüre „Jüdisches Leben in Bayreuth“
Die zwei Klassen des DFG Saarbrücken waren die ersten Schülergruppen, mit denen die neue Broschüre „Jüdisches Leben in Bayreuth“, Arbeitsmaterialien zur Verfolgung der jüdischen Bevölkerung in Bayreuth in der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945, behandelt wurden. Vor den Originalschauplätzen in der Opernstraße, der Münzgasse, dem Sternplatz und der Maximilianstraße wurde die Geschichte der Bayreuther Juden von den Anfängen der hiesigen Ansiedlung bis zur stetigen Entrechtung, Verfolgung und Ermordung besprochen. Anhand des ehemaligen Kaufhauses Pfefferkorn wurde besprochen, wie die Nationalsozialisten schon vor 1933 die jüdische Bevölkerung entrechtet haben. Simon Pfefferkorn wurde bereits 1928 von Hans Schemm, den späteren bayerischen Kulturminister, gezwungen sein Haus an den NS-Gauverlag zu verkaufen. Die Geschichte des Kaufhauses Friedmann in der Opernstraße 11 steht für die zahlreichen erzwungenen Arisierungen jüdischer Geschäfte. 1939 wird das Kaufhaus sogar abgerissen, um die halb verborgenen Gontard-Bauten besser sehen zu können. Am Beispiel der Bayreuther Synagoge wurde die Reichspogromnacht vom 9. November 1938 behandelt. Die Schülerinnen und Schüler bekamen erklärt, dass die Nähe zum Markgräflichen Opernhaus der Grund war, weswegen die Synagoge erhalten geblieben ist und nicht wie viele andere in Deutschland abgebrannt wurde. Die Schülerinnen und Schüler erhielten am Beispiel verschiedener jüdischer Einwohner einen Eindruck wie der Nationalsozialismus und sein Antisemitismus sich hier in Bayreuth manifestiert haben, welchen Einfluss diese Schreckensherrschaft auf das Leben und Sterben der Menschen hatte.
- Das Festspielhaus und die Ausstellung „Verstummte Stimmen“
Am Richard-Wagner-Festspielhaus, eine weitere Station des Geschichtsrundgangs, wurden die Schülerinnen und Schüler mit der Wagnerfamilie, ihrem Antisemitismus und die Beziehung zu Adolf Hitler in den 1920er Jahren vertraut gemacht. Es wurde dabei auch der Antisemitismus Richard Wagners besprochen, sowie seine widersprüchlichen Verhaltensweisen. Auf der einen Seite sprach er den Juden ab, Deutsche Musik machen oder inszenieren zu können, auf der anderen Seite wurden aber viele jüdische Sänger, Tänzer und andere Künstler als Mitwirkende in Wagners Werk eingesetzt.
Die Schülerinnen und Schüler durchstreiften die Freilichtausstellung „Verstummte Stimmen“ bei dem Besuch des Festspielhauses. Durch die Ausstellung wurde offenbar, dass es im Naziregime nicht auf künstlerisches Talent ankam, da die Ideologie rassistischer Ausgrenzung aus der ‚Volksgemeinschaft’ viele Künstler der Festspiele bedrohte und die Wagnerfamilie selbst diesem Antisemitismus und der Ideologie der sogenannten „Deutschen Kunst“ anhing. Viele der damaligen Stars, die wiederholt bei den Bayreuther Festspielen aufgetreten sind, wurden in den Konzentrationslagern ermordet, denn nicht allen gelang eine Emigration in die Schweiz oder nach Amerika.
- Eremitage
Anschließend wurde die Geschichte der Markgrafen der Schülergruppe vermittelt. Durch die Prunkbauten wie zum Bespiel das Markgräfliche Opernhaus oder die Eremitage, die gemeinsam mit den Mitarbeitern der Stiftung besucht wurden, wurde ihnen das Ausmaß höfischer Herrschaft vermittelt. Dabei wurde ebenfalls angesprochen, dass den Prunkbauten, die als schön oder majestätisch empfunden werden können, auch Elend entgegensteht. Die Arbeit mussten die Bauern vor Ort leisten. Allein beim Bau der Eremitage musste ein Sumpfgebiet erschlossen werden. Die Bauern aus der Region mussten hier Frondienste leisten, anstatt ihre Felder bestellen zu können. Die Gegensätze zwischen der herrschenden Macht und von ihnen beherrschten Menschen kamen hier sehr gut zum Vorschein.
Am 9. November 2016 fand der zweite Projekttagmit dem Deutsch-Französischen Gymnasium aus Saarbrücken statt
- Besuch der Städtischen Wilhelm-Leuschner-Gedenkstätte und des Willhelm-Leuschner-Zentrums
Am Anfang versammelten sich alle Schülerinnen und Schüler in der Städtischen Wilhelm-Leuschner-Gedenkstätte in Bayreuth. Nach einer kurzen Einführung über den Lernort durch Wolfgang Hasibether, teilten die Mitarbeiter der Wilhelm-Leuschner-Stiftung die Schulklassen in zwei Gruppen ein. Die erste wurde von Wolfgang Hasibether in das Wilhelm-Leuschner-Zentrum gebracht und erhielten hier einen Vortrag über Leuschners Widerstand im Dritten Reich gegen die Nationalsozialisten. Die andere Gruppe wurde derweil von Katharina Dötterl durch die Gedenkstätte geführt. Anschließend wurden die Gruppen getauscht.
- Besuch des Richard-Wagner-Museums
Nach der Mittagspause trafen sich die Schülerinnen und Schüler, ihre begleitenden Lehrer und die Mitarbeiter der Stiftung am Richard-Wagner-Museum. Wolfgang Hasibether führte beide Klassen durch die Ausstellung, die sich vom Neubau, über die Villa Wahnfried bis zum Siegfried-Wagner-Haus erstreckt. Er verdeutlichte den Schülern die Ambivalenz im Verhalten der Familie Wagner. Auf der einen Seite kam es zu vermehrt extrem antisemitischen Aussagen, auf der anderen Seite wurden jüdische Künstler bei den Festspielen engagiert. Ebenfalls wurde besprochen, dass durch Winifred Wagner bereits in den 20er Jahren Adolf Hitler in Bayreuth salonfähig gemacht wurde. Damit einhergehend war auch ein große Bewunderung und Anhängerschaft der in Bayreuth lebenden Menschen für den Nationalsozialismus.
- Abendeinheit in Speichersdorf mit der neuen Broschüre „Widerstand gegen das NS-Regime in der Region Bayreuth zwischen 1933 bis 1945“
Nach dem gemeinsamen Abendessen in Speichersdorf, gab es noch eine Abendeinheit zum „Widerstand in Bayreuth und dem Bayreuther Umland“. Im Seminarraum des Falkenheims wurden die Widerstandskämpfer aus Bayreuth, dem Landkreis und den angrenzenden Landkreisen besprochen. Jede Schülerin und jeder Schüler erhielt die neu erarbeitete Broschüre der Wilhelm-Leuschner-Stiftung „Widerstand gegen das NS-Regime in der Region Bayreuth zwischen 1933 bis 1945“. Diese wurde von der Initiative „Demokratie Leben“ des Landkreises Bayreuth gefördert. Als erstes wurden die Widerständler der SPD Friedrich Puchta, Matthäus Herrmann, Walter Maschke, Oswald Merz, Adam und Karl Seeser besprochen. Diesen schlossen sich die KPDler Wilhelm Lai und Hans Hornberger an. Ewald Naujoks, Alfred Andreas Heiß, Pfarrer Friedrich Seggel und Pfarrer Nikolaus Hertrich schlossen die Gruppe der aufgeführten Widerstandskämpfer ab. Die Antworten auf die Fragen, die am Ende der Broschüre enthalten sind, wurden in kleinen Arbeitsgruppen erarbeitet. Am Ende wurden in einem Abschlussgespräch die beiden Projekttage von der Schülergruppe bewertet und im Ergebnis wurden die eingesetzten Materialien und Schwerpunkte der beiden Tage gut bewertet. Im Endergebnis können wir davon ausgehen, dass die gesetzten Lernziele für die beiden Projekttage voll erreicht wurden.