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Am 20. Juli 2011, feierte der Sozialwissenschaftler und Publizist Wolfgang Hasibether seinen 60. Geburtstag. Den Jubilar bringt man wohl sofort mit der Wilhelm-Leuschner-Stiftung in Verbindung, die er im März 2002 gemeinsam mit seiner Frau Ursula und den Freunden Margit Bock-Höhn und Fritz Höhn gegründet hat und deren wissenschaftlicher Leiter er ist. In der Stiftung  bearbeitet Wolfgang Hasibether den Nachlass und das Vermächtnis des großen Sohnes der Stadt Bayreuth, Wilhelm-Leuschner –freilich nicht im Sinne einer musealen Verwaltung, sondern vielmehr  in einer lebendigen Auseinandersetzung mit dem Gewerkschafter und antifaschistischen Widerstandskämpfer Leuschner.

 

Das historische Erbe befragen, um Lehren für die Gegenwart zu ziehen und Zukunft zu gestalten – dies ist zweifellos eine Maxime Wolfgang Hasibethers. Eine andere ist es, sich für eine Gesellschaft einzusetzen, die von sozialer Gerechtigkeit, Solidarität und gleichen Bildungschancen für alle, unabhängig von Herkunft und  finanzieller Möglichkeit geprägt ist. Diese Haltung führte Wolfgang Hasibether zu seinem gewerkschaftlichen Engagement – zunächst als Jugendvertreter während der Banklehre in Würzburg, die er nach der Mittleren Reife absolvierte, während der Zeit des Studiums und ebenso auch in den Jahren, in denen Wolfgang Hasibether als Bildungsreferent beim Erzbischöflichen Ordinariat in München tätig war.
Ein weiterer Schritt war schließlich der berufliche Wechsel zum DGB: 1987 wurde Hasibether zum DGB-Kreisvorsitzenden von Bayreuth gewählt – ein Wahlamt, das er bis 1993 ausfüllte. Ein wichtiges Ereignis war 1990 eine Veranstaltung zum 100. Geburtstag Wilhelm Leuschners – gleichsam eine Initialzündung für die intensive und bis heute andauernde Forschungs- und Erinnerungsarbeit an Wilhelm Leuschner, den Gewerkschafter und hessischen Innenminister.
Die Arbeit in der Wilhelm-Leuschner-Stiftung, die inhaltliche Gestaltung der Leuschner-Gedenkstätte, die pädagogische und wissenschaftliche Arbeit  mit Schülerinnen, Schülern, Studierenden und anderen Gruppen wurde kontinuierlich ausgebaut und wird weiter entwickelt.
Viele wirken daran mit. Aber der Mut und das Engagement von Wolfgang Hasibether sind unverzichtbar.

„Ich weiß nicht, wieso ich überlebt habe, aber ich weiß wofür ich überlebt habe, nämlich um euch heute erzählen zu können, was geschehen ist.“ So wandte sich Aleksander Laks an die 21 Schülerinnen und Schüler der Mittelschule Bayreuth-St. Georgen, die am 18. Juli mit ihren Lehrern Anton Regner und Michael Herwehe zu Gast im Seminarraum der Wilhelm-Leuschner-Stiftung waren, um sich von Herrn Laks über sein Schicksal als verfolgter polnischer Jude erzählen zu lassen.

Aleksander war 11 Jahre alt, als die Deutschen 1939 in Polen einfielen. Zusammen mit seiner Familie wurde er in seiner Heimatstadt Lodz, die von den deutschen Besatzern Litzmannstadt genannt wurde, ins Getto gesperrt, wo er es schaffte, 5 Jahre lang von 200 Kalorien am Tag zu überleben. Als eines Tages der Befehl kam, dass alle Kinder der Schule im Getto am nächsten Tag unbedingt zum Unterricht erscheinen müssten, versteckten ihn die Eltern stattdessen bei einer Tante. So entging Aleksander knapp dem Tod, während alle seine Klassenkameraden an diesem Tag von den Deutschen ins Vernichtungslager gebracht worden waren.

Die Familie Laks blieb bis zum August 1944 im Getto Lodz, doch dann wurden auch Aleksander, seine Eltern, seine Tante und seine Großmutter nach Auschwitz deportiert. Bei der Ankunft wurde die Familie getrennt, alle weiblichen Angehörigen von Aleksander wurden direkt ins Gas geschickt. Er selbst überlebte nur, weil er behauptete bereits 18 Jahre alt zu sein, sonst wäre auch er ermordet worden. So jedoch konnte er bei seinem Vater bleiben und wurde mit ihm zu verschiedenen Arbeitseinsätzen in deutschen Industriebetrieben geschickt. Schließlich wurden Vater und Sohn von der SS an das KZ Groß-Rosen verkauft, wo sie Bauarbeiten verrichten mussten. Bei einem dieser Arbeitseinsätze zertrümmerte ein Wachmann willkürlich Aleksanders Nase, weshalb er noch heute mit einer Atemmaske schlafen muss. Als gegen Ende des Jahres 1944 die Front auch in Groß-Rosen immer näher rückte, wurden die Häftlinge eines Nachts aus dem Schlaf gerissen und bei Eiseskälte auf den „Todesmarsch“ in Richtung Westen geschickt. Aleksanders Vater glaubte diese Strapazen nicht mehr überstehen zu können und nahm seinem Sohn das Versprechen ab, dass Aleksander überleben und immer davon erzählen würde, was sich Schreckliches zugetragen hatte.

Zwar erreichten die beiden noch gemeinsam das Konzentrationslager Flossenbürg in der Oberpfalz, doch dort wurde Aleksanders Vater im Alter von 45 Jahren kurz nach der Ankunft von einem Kapo zu Tode geprügelt. Aleksander musste in Flossenbürg im Steinbruch arbeiten, bis nach kurzer Zeit auch dieses Lager aufgelöst wurde und die Häftlinge auf den Todesmarsch in Richtung Bodensee geschickt wurden, wo man vorhatte, sie zu ertränken. Auf dem Weg schließlich verschwanden die SS-Wachen und ließen die Häftlinge allein zurück. Aleksander Laks wog nur noch 28 Kilo, aber er war am Leben und frei. Sein Entschluss stand fest – er wollte Europa verlassen und nie wieder zurückkehren.

Nun lebt er seit Jahrzehnten in Brasilien, aber am zweiten Teil seines Entschlusses hält er nicht mehr fest. Ihm ist es wichtig, heute jungen Menschen in Deutschland seine Geschichte zu erzählen, „ohne Hass und ohne Rache, denn ihr könnt nichts dafür, ihr wart damals noch nicht einmal geboren“, wie er den Jugendlichen versichert. Seine jungen Zuhörer waren sichtlich beeindruckt von Aleksanders Schicksal und hörten ihm 1 ½ Stunden gebannt zu. Auch nahmen sie sicher seine Botschaft mit auf ihren Lebensweg: „Das darf nie wieder geschehen!“

1. Allgemeines
Die Wilhelm-Leuschner-Gedenkstätte und die von der Wilhelm-Leuschner-Stiftung angebotenen Führungen, Projekttage für Schulen und thematischen Veranstaltungen stoßen auf weiter steigendes Interesse. Bis Ende Juli 2011 wird die Besucherzahl der Gedenkstätte und der damit verbundenen pädagogischen Arbeit der Stiftung über 1.100 Teilnehmende betragen.

2. Übersicht zu den Arbeitsschwerpunkten im Einzelnen
2.1 Pädagogische Arbeit mit Schulen:
Insgesamt fanden rund 40 Projekttage und Führungen statt. Folgende Schulen nahmen teil:
- Mittelschule Bayreuth-Altstadt
- Mittelschule Bayreuth-St. Georgen
- Albert-Schweitzer-Mittelschule Bayreuth
- Berufsfachschule für Hauswirtschaft Bayreuth (BS III)
- Berufliche Oberschule Bayreuth
- Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium Bayreuth
- Mittelschule Hummeltal
- Werner-Porsch-Mittelschule Speichersdorf
- Lycée Jean de Pange Saargemünd (Deutsch-Französisches Gymnasium)
- Pavel-Tigrid-Gymnasium Ostrava/Cz

Als schuljahresübergreifendes Projekt läuft die Betreuung des P-Seminars ‚Geschichte’ am Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium. Die Teilnehmer/innen des P-Seminars assistieren bei der Vorbereitung der 7. Bayreuther Gespräche im September 2011. Das Seminar läuft noch bis Februar 2012.

2.2 Thematische Führungen in der Wilhelm-Leuschner-Gedenkstätte:
Neben Führungen in deutscher Sprache boten wir in diesem Halbjahr neu an: Führungen in englischer Sprache sowie eine Führung für Gehörlose mit Gebärdendolmetscherin.


2.3 Kooperation mit der Universität Bayreuth:
Mit den folgenden Universitätseinrichtungen wurden/werden aktuell gemeinsame Projekte durchgeführt:
- Fachbereich Interkulturelle Germanistik (Prof. Dr. Müller-Jacquier)
- Bayreuth International School of African Studies (BIGSAS) (Katharina Fink M.A.)
- Fachbereich Didaktik der deutschen Sprache und Literatur (Dr. des. Neuner)

2.4 Vorträge und Konferenzen:
In diesem Bereich fanden sich im ersten Halbjahr 2011 die folgenden Schwerpunkte:
- Beginn der Vortragsreihe „Erinnerungskultur in Deutschland“ mit den Referenten Bundesfamilienministerin a. D. Renate Schmidt (SPD) und MdB Harald Weinberg (Die Linke), die Reihe wird im Herbst fortgesetzt
- Vorbereitung der 7. Bayreuther Gespräche am 1.10.2011 sowie der zugehörigen Jugendveranstaltung am 30.9.2011 in Kooperation mit dem Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium und seinem P-Seminar ‚Geschichte’

2.5 Modellprojekt für Kinder in der Gedenkstätte:
Seit Anfang 2011 laufen die Arbeiten für das Projekt ‚Ausflug in die Vergangenheit’ - Modellprojekt für den Gedenkstättenbesuch von Kindergruppen.
Diese Projekt wird von der Oberfrankenstiftung mit 25.000 € bezuschusst (Gesamtkosten: 100.000 €). Das Projekt soll 2012 abgeschlossen werden.

2.6 Kooperation mit der Servicestelle für Museen beim Bezirk Oberfranken und der Landesstelle für nichtstaatliche Museen:
Seit Jahren besteht ein enger Kontakt und reger Austausch mit Prof. Günter Dippold und der Servicestelle (Frau Barbara Christoph). Seit diesem Jahr arbeitet die Stiftung auch eng mit dem für P-Seminare zuständigen Koordinator Stefan Klein zusammen. Unterstützung erfährt die Arbeit ebenfalls durch die Landesstelle für nichtstaatliche Museen (Dr. Wolfgang Stäbler).

Fazit: Die museumspädagogische Arbeit der Wilhelm-Leuschner-Stiftung wird in Bayreuth Stadt und Land sowie auch in den Partnerstädten Bayreuths anerkannt und nachgefragt. Das Schulamt Bayreuth (Dr. Roß) hat die Arbeit mehrfach als außerschulische Ergänzung des Unterrichts der regionalen Schulen als vorbildlich beurteilt. Sie stellt ein Aushängeschild für die Stadt Bayreuth dar, dessen Verlust das Ansehen der Stadt beschädigen würde. 

Auch im ersten Halbjahr des Jahres 2011 stießen die Wilhelm-Leuschner-Gedenkstätte und die von der Wilhelm-Leuschner-Stiftung angebotenen Führungen, Projekttage und thematischen Veranstaltungen auf ungebrochenes, ja sogar steigendes Interesse. An dieser Stelle wollen wir einen Rückblick auf die Arbeit dieses ereignisreichen ersten Halbjahres geben.

Bereits seit dem letzten Jahr läuft die Vorbereitung der 7. Bayreuther Gespräche, die am 1. Oktober 2011 stattfinden und in diesem Jahr erstmals von einer Jugendveranstaltung am Vorabend begleitet werden. Diese Neuerung geht auf die Initiative der 13 Schüler/innen des Projekt-Seminars („P-Seminar“) Geschichte am Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium zurück, die uns bei der diesjährigen Veranstaltung unterstützen. Im letzten halben Jahr erschienen die 13 Teilnehmer regelmäßig bei uns in der Stiftung, erhielten Einblick in die organisatorische und inhaltliche Vorbereitung einer wissenschaftlichen Tagung und durften auch selbst Rechercheaufträge übernehmen sowie an der Ausarbeitung des Programms mitwirken.

Im Januar begann unter der Federführung des Fördervereins Leuschnerhaus eine Vortrags- und Diskussionsreihe zum Thema „Erinnerungskultur in Deutschland“. Den Auftakt machte eine Diskussion mit Bundesfamilienministerin a. D. Renate Schmidt (SPD) im Alten Rathaus, gefolgt von einer weiteren spannenden Diskussion mit MdB Harald Weinberg (Die Linke) im Seminarraum der Leuschner-Stiftung. Beide Politiker besuchten die Gedenkstätte und betonten die Bedeutung solcher Orte für die Tradierung der Erinnerung an zukünftige Generationen. Die Reihe wird im Herbst fortgesetzt, geplant ist dann zunächst ein Gespräch mit Barbara Distel, der langjährigen Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau.

Ab Februar begannen wir auch wieder mit der Kernaufgabe unserer Stiftungsarbeit, der Durchführung von Führungen durch die Gedenkstätte und Projekttagen für Schülergruppen. Gleich zum Auftakt fand ein trinationaler Projekttag mit tschechischen, französischen und deutschen Jugendlichen statt. Doch vor allem die in Bayreuth und im Landkreis ansässigen Schulen nahmen in diesen ersten sechs Monaten des Jahres unsere Projektangebote zahlreich in Anspruch. Die 12. Klassen der Staatlichen Fachoberschule Bayreuth informierten sich bei einem Besuch der Gedenkstätte über das Leben und Wirken Wilhelm Leuschners. Die Altstadtschule, die Mittelschule Bayreuth-St. Georgen, die Werner-Porsch-Volksschule Speichersdorf sowie die Volksschule Hummeltal besuchten Projekttage im Rahmen unseres Projekts „Leichter Lernen mit Leuschner“. Gleich drei achte Klassen der Albert-Schweitzer-Schule Bayreuth nahmen im Juni an unserem Stadtrundgang „Jüdisches Leben in Bayreuth“ teil. Ein Höhepunkt dieser Projektarbeit im ersten Halbjahr 2011 war zweifellos das von der Wilhelm-Leuschner-Stiftung zusammen mit Norbert Aas und Schüler/innen der 9. Klasse der Altstadtschule im März durchgeführte Zeitzeugengespräch mit Hanneliese Wandersmann, der letzten Holocaustüberlebenden Bayreuths.

Neben den Schulklassen betreuten wir im ersten Halbjahr 2011 natürlich auch erwachsene Besucher, wobei sich fortlaufend neue Besuchergruppen erschließen. Im April empfingen wir erstmals eine Seniorengruppe aus dem nördlichen Landkreis, und im Mai besuchte Professorin Cynthia Kros von der Universität Johannesburg die Wilhelm-Leuschner-Gedenkstätte. Professorin Kros erhielt von uns eine Führung in englischer Sprache. Dies war jedoch nicht die einzige außergewöhnliche Führung in diesem Halbjahr. Im Juni boten wir auch erstmals eine Führung durch die Gedenkstätte für Gehörlose an, die wir, tatkräftig unterstützt durch eine Gebärdendolmetscherin, erfolgreich durchführen konnten.

Zunehmend enger werden auch unsere Kontakte zur Universität Bayreuth. Für Juli ist eine ebenfalls englischsprachige Führung für Doktoranden der „Bayreuth International School of African Studies“ geplant. Bereits im Juni wurde im Seminarraum der Stiftung unter Leitung einer Stiftungsmitarbeiterin der erste Block eines Seminars zu „Konzepten und Praxis der Kulturarbeit an deutschen Gedenkstätten“ durchgeführt. Das Seminar ist im Fachbereich Interkulturelle Germanistik der Universität Bayreuth angesiedelt, der zweite Block wird im Juli stattfinden.

Diese Anbindung an die aktuelle Forschung und Entwicklung im Bereich Gedenkstättenarbeit und Erinnerungskultur ist uns ein stetes Anliegen. Aus diesem Grund war die Wilhelm-Leuschner-Stiftung auch auf der 3. Internationalen Konferenz zur Holocaustforschung im Januar in Berlin vertreten. Im April besuchten die Stiftungsmitarbeiter die Vorstellung der Museumskonzeption des neuen „Museums der deutschsprachigen Bewohner der böhmischen Länder“ in Ústí nad Labem (Aussig, CZ), das 2012 eröffnet wird. Dieses innovative Museumskonzept wird im Rahmen der 7. Bayreuther Gespräche durch die Museumsdirektorin Blanka Mouralová nochmals vorgestellt werden.

Danken möchten wir an dieser Stelle vor allem dem Förderverein Leuschnerhaus mit seinen Vorsitzenden Peter Weintritt und Janna Münch und seinen inzwischen fast 100 Mitgliedern. In den vergangenen sechs Monaten hat uns der Förderverein nicht nur finanziell unterstützt, sondern er hat auch die Bekanntheit der Stiftung und ihrer pädagogischen Arbeit massiv vorangetrieben. So war der Förderverein Leuschnerhaus unter anderem am 1. Mai mit einem Infostand bei der Maikundgebung des DGB vertreten. Auch der Arbeit und Leben gGmbH mit ihren Mitarbeitern Herbert Schmid und Judith Schöffel sei gedankt für ihre zuverlässige Förderung unserer Schülerprojekttage. Nicht zu vergessen sind selbstverständlich unsere ehrenamtlichen Helfer, die unsere Arbeit auch im letzten Halbjahr mit ihrem aktiven Engagement, von der Übersetzung bis zum Schadensgutachten, unterstützten. Vielen Dank!

Mit diesem Rückenwind hoffen wir auf ein gutes Gelingen unserer Arbeit im zweiten Halbjahr 2011. Der erste Höhepunkt werden die 7. Bayreuther Gespräche am 1. Oktober sein, die in internationaler Besetzung das Thema „Film statt Zeitzeugen – Die europäische Erinnerungskultur im Wandel“ behandeln werden. Allen Schüler/innen und Studenten/innen sei hier auch schon der Besuch der Jugendveranstaltung am 30. September empfohlen, bei der der italienische Zeitzeuge Enio Mancini und die tschechische Holocaustüberlebende Helga Hosková aus ihrer Erfahrung unter deutscher Besatzung und Verfolgung berichten werden. Zur Museumsnacht am 29. Oktober 2011 wird die Wilhelm-Leuschner-Stiftung nach einer Lesung mit Texten von Vertretern des deutschen Widerstands Führungen durch die Gedenkstätte in deutscher und englischer Sprache anbieten.

Wir hoffen die Zahl von über 900 Besuchern der Gedenkstätte in den ersten Monaten 2011 im kommenden Halbjahr noch zu erhöhen und bauen aus diesem Grund auch unsere internationalen Kontakte weiter aus. So sind im August Treffen mit Vertretern der Gedenkstätten- sowie der Jugendarbeit der Bayreuther Partnerstadt La Spezia geplant, um den Grundstein für zukünftigen Austausch zu legen.

Der Ehrenvorsitzende des Bayreuther Fördervereins Leuschner-Haus begeht am Samstag, den 4. Juni 2011 seinen 85. Geburtstag

Der ehemalige Personalratsvorsitzende der Bayreuther Stadtwerke und seit 1946 in der Bayreuther Gewerkschaftsbewegung aktive Gewerkschafter Gustl Hacker wird 85 Jahre. Seit Jahrzehnten engagierte er sich in der SPD und der ehemaligen ÖTV (heute ver.di) für die Rechte der Arbeitnehmer. Als Personalrat und aktiver Gewerkschafter hat er sich stets für die wirtschaftlich schwächeren Schichten der Gesellschaft eingesetzt und für ihre Rechte der politischen und sozialen Teilhabe am demokratischen Gemeinwesen gekämpft. Seit seinem Ruhestand war es ihm ein Anliegen ab 1990 im Geburtshaus von Wilhelm Leuschner eine dauerhafte Erinnerung an diesen großen Sohn der Stadt Bayreuth einzurichten. Es sollte über zehn Jahre dauern bis sein Wunsch in Erfüllung ging. Im Verein für Kultur- und Sozialgeschichte (heute Förderverein Leuschner-Haus) setzte er sich mit seinen Mitstreitern ab 2000 dafür ein, dass eine Gedenkstätte im Geburtshaus in Moritzhöfen 25 entsteht. 2002 wurde dies durch die Wilhelm-Leuschner-Stiftung und dem damaligen Oberbürgermeister Dr. Mronz erfüllt. Im September 2003 wurde die Wilhelm-Leuschner-Gedenkstätte der Stadt Bayreuth im Geburthaus eröffnet. Seitdem führt die Wilhelm-Leuschner-Stiftung die pädagogische Gedenkstättenarbeit durch und informiert in Seminaren, Projekttagen und Führungen über 2000 Seminarteilnehmer jährlich über das Vermächtnis Wilhelm Leuschners. Gemeinsam mit seinen Mitstreitern in Gewerkschaft und Stiftung ist es Gustl Hacker ein Anliegen das Wirken der deutschen Gewerkschaften am Aufbau und der Entwicklung einer sozialen Demokratie ins öffentliche Bewusstsein zu bringen. Für viele Bayreuther Bürgerinnen und Bürger ist Gustl Hacker ein gewerkschaftliches Urgestein, der nie bequem aber immer sachlich und besonnen sein politisches Anliegen der sozialen Gerechtigkeit in die gesellschaftspolitische Diskussion eingebracht hat und auch weiter einbringen wird.

Die Wilhelm-Leuschner-Stiftung und der Förderverein Leuschner-Haus beim 1. Mai 2011 des DGB Oberfranken-Ost in Bayreuth

Am Tag der Arbeit war die Leuschner-Stiftung und der Förderverein mit einem Info-Stand beim Maifest des DGB im Ehrenhof des Alten Schlosses in Bayreuth vertreten.
Ab 10 Uhr informierten Mitarbeiterinnen und Ehrenamtliche über die Arbeit der Stiftung in der Wilhelm-Leuschner-Gedenkstätte Bayreuth. Besondere Werbung machte der Förderverein für die Arbeit der Stiftung in der Gedenkstätte für neue Fördermitglieder. Am Nachmittag ab 15:00 Uhr haben die Vorstandsmitglieder des Fördervereins, Wolfgang Hasibether und Herbert Schmid, in einer kleinen musikalischen Mairevue über die Geschichte des 1. Mai informiert und an das Lebenswerk Wilhelm Leuschners erinnert.

Wir gedenken in stiller Trauer an Frau Lisl Hacker (gestorben am Karsamstag, 23. April 2011), die Ehefrau unseres Ehrenvorsitzenden des Fördervereins Leuschner-Haus Gustl Hacker.
Sie war seit Gründung des Vereins im Jahr 1993 zusammen mit Gustl Mitglied im Förderverein und unterstützte unsere Arbeit für das Leuschner-Projekt seit 2000.
Die am 6. Februar 1927 in Bayreuth geborene Tochter des Baugewerkschaftssekretärs Georg Werner wurde im Juni 1945 die erste Sekretärin im neu gegründeten Büro der Freien Gewerkschaft Bayreuth in der Rathstraße 2 in der Baracke neben dem späteren DGB-Gewerkschaftshaus Richard-Wagner-Straße 51. Sie arbeitete gemeinsam mit dem Vorsitzenden Karl Dietz am Neuaufbau der Bayreuther Gewerkschaftsbewegung. Gemeinsam mit ihrem Mann, Gustl Hacker, unterstützte sie von Anfang an unser Projekt des Aufbaus einer Gedenkstätte im Geburtshaus Wilhelm Leuschners. Mit ihr verliert die Wilhelm-Leuschner-Stiftung eine stille und bescheidene Förderin der Arbeit in der Gedenkstätte. Wir trauern mit ihrer Familie und werden ihr stets ein ehrendes Andenken bewahren.

Was passierte in der Reichspogromnacht in Bayreuth? Dieser Frage widmet sich ein Stadtrundgang für Schüler mit Arbeitsstationen, welchen die Wilhelm-Leuschner-Stiftung im Jahr 2009 erarbeitet und am 10. November desselben Jahres erstmals durchgeführt hat. Für viele Schüler bleibt die Ausgrenzung, Verfolgung und schließlich die Vernichtung der europäischen Juden im nationalsozialistischen Deutschland als Thema im Schulunterricht zunächst völlig abstrakt. Eine Verbindung zwischen diesen Ereignissen und ihrer Heimatstadt können sie oftmals nicht herstellen.

Während des Stadtrundgangs wird ihnen nun bewusst, dass in ihrer Stadt jüdische Mitbürger gelebt haben, und dass diesen in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, wie im übrigen Deutschen Reich, Gewalt angetan wurde. Die Schüler erfahren mehr über die Ereignisse jener Nacht, zum Beispiel, warum die Bayreuther Synagoge nicht abgebrannt wurde oder wo die Bayreuther Juden in dieser Nacht eingesperrt wurden. Zugleich werden ihnen aber auch die Menschen näher gebracht, die von diesen schrecklichen Ereignissen betroffen waren. So stehen die Schüler etwa vor ihnen bekannten Gebäuden, die sich nun als ehemalige jüdische Geschäfte entpuppen, und sie erfahren erstmals etwas über das Schicksal der jüdischen Inhaber.

An jeder der sieben Stationen finden die Schüler Fragebögen und Informationsmaterial, wie zum Beispiel Fotos oder Zeitungsartikel, mithilfe dessen sie die Fragen zu der jeweiligen Station beantworten können.

Der 2½-stündige Stadtrundgang „Jüdisches Leben in Bayreuth“ ist für Schulklassen geeignet, die bereits in das Thema „Drittes Reich“ eingestiegen sind. Vertiefte Vorkenntnisse dazu oder zum jüdischen Leben in der Region sind jedoch nicht erforderlich. Die Wilhelm-Leuschner-Stiftung stellt hierzu Texte bereit, die zur Vor- und Nachbereitung des Rundgangs im Unterricht eingesetzt werden können.

Dass die Verfolgung und Ermordung der Juden in Deutschland auch in ihrer Heimatstadt stattgefunden hat, erfuhr eine Schülergruppe der 9. Klasse der Altstadtschule am Mittwoch, 16. März 2011 noch einmal aus erster Hand. Im Seminarraum der Zeitzeugun Hanneliese Wandersmann mit Dr. Norbert AasWilhelm-Leuschner-Stiftung trafen sie Frau Hanneliese Wandersmann, geb. Reinauer, die uns besuchte, um aus ihrer Kindheit als jüdisches Mädchen in Bayreuth und aus der Zeit in Lagern in Lettland, wohin die Bayreuther Juden deportiert worden waren, zu berichten. Unterstützt von Dr. Norbert Aas, der gerade Frau Wandersmanns Biographie verfasst, erzählte sie den Schülern ihre Lebensgeschichte. Zunächst hatte sie in Bayreuth eine beschützte Kindheit erlebt, bis der Nationalsozialismus das Leben der jüdischen Familie Reinauer zerstörte. Die geliebte christliche Kinderfrau durfte nicht mehr für die Familie arbeiten, das Traditionsgeschäft der Familie musste in kleinere, ungeeignete Räumlichkeiten umziehen, und die Kundschaft blieb aus. "Keiner traute sich mehr bei uns einzukaufen", berichtete Frau Wandersmann. 1938 musste sie als Zehnjährige die Schule in Bayreuth verlassen, als jüdisches Mädchen wurde sie dort nicht mehr geduldet. Es folgte eine Zeit auf einer jüdischen Schule in Nürnberg, Hanneliese war nur noch am Wochenende zuhause. 1941 schließlich wurde die Familie zusammen mit den meisten der in Bayreuth verbliebenen Juden nach Lettland deportiert. Dort folgte eine mehrjährige Leidenszeit in verschiedenen Lagern. Hannelieses Rettung war, dass die SS ihr wahres Alter nicht kannte. Wäre bekannt gewesen, dass sie noch keine 15 Jahre alt war, hätte sie als nicht arbeitsfähig gegolten und wäre ermordet worden. So aber wurde sie zusammen mit ihrer Mutter immer wieder verschiedenen Arbeitskommandos zugeteilt.

 

Die Schüler hörten gebannt zu und stellten Fragen zu der Situation in den Lagern, die Frau Wandersmann offen beantwortete, wobei sie ihren jungen Zuhörern aber auch vermittelte, wie schwer es fällt, über diese schlimmen Erfahrungen zu sprechen. So erzählte Frau Wandersmann auch davon, dass ihr Vater und Bruder nicht überlebt haben. Obwohl seitdem 70 Jahre vergangen sind, rückte durch die Begegnung mit Frau Wandersmann die Vergangenheit für die Jugendlichen spürbar näher. Die Wilhelm-Leuschner-Stiftung sieht es deshalb als ihre Aufgabe, solange die Chance für diesen Austausch zwischen den Generationen noch besteht, solche Begegnungen auch weiterhin zu ermöglichen.

„Erinnerung schadet nicht, sie nützt.“ Diese Überzeugung vermittelte Renate Schmidt (SPD), ehemalige Bundesministerin und Vizepräsidentin des Bundestags, in ihrem Gespräch über Erinnerungskultur mit Wolfgang Hasibether, das am gestrigeBundesfamilienministerin a.D. Renate Schmidt besucht die Leuschner-Gedenkstätte.n Sonntag, 30.1.2011, im Sitzungssaal des Alten Rathauses stattfand. Etwa 40 Zuhörer waren trotz besten Wetters erschienen, und sie wurden mit einer lebhaften Diskussion zu Themen wie der Notwendigkeit der Erinnerung an den Holocaust oder der wichtigen Unterscheidung zwischen den Begriffen „Schuld“ und „Verantwortung“ belohnt. Frau Schmidt machte deutlich, dass gerade die jungen Menschen in Deutschland an der Erinnerung teilhaben müssen, und dass eine solche Teilhabe vor allem durch regionale Bezüge zur Geschichte entstehen kann: „Das interessiert, weil sich die jungen Leute für den Ort, an dem sie leben, interessieren.“ Ein Ort wie die Wilhelm-Leuschner-Gedenkstätte eignet sich somit hervorragend als Ausgangspunkt für die Erkundung von Geschichte in der eigenen Lebenswelt. Ein solcher Zugang verhindert auch, dass Erinnerungskultur sich nur noch in Gedenktagen mit obligatorischer Kranzniederlegung und immer gleichen, schließlich bedeutungslosen Floskeln äußert.

Dass die Gefahr einer solchen Aushöhlung des Gedenkens heute besteht, darauf machte Frau Schmidt ebenso aufmerksam wie auf die Verantwortung, die heute jeder in der deutschen Gesellschaft trägt. Dabei betonte sie, dass es keineswegs um Verantwortung für begangene Verbrechen und folglich eine Schuldzuweisung ginge, sondern um Verantwortung für die Bewahrung der Erinnerung, die den Opfern ihre Würde zurückgibt. Zudem dürfe die Übernahme von Verantwortung nicht bei der Erinnerung an die Verbrechen stehen bleiben. Ebenso wichtig sei ihre Umsetzung in der Gegenwart, etwa durch eine wachsame Haltung gegenüber Ausländerfeindlichkeit in der eigenen Stadt. Diese Bedeutsamkeit des aktiven Handelns stellte Frau Schmidt immer wieder heraus, wobei sie ihre Zuhörer ermutigte, durchaus stolz auf die Demokratie zu sein, die heute in Deutschland bereits gelebt wird, auch wenn sie stets der Kritik und der Verbesserung bedarf. Das Publikum belohnte die Ausführungen von Frau Schmidt mit größter Aufmerksamkeit und einer Reihe von Anmerkungen, die zeigten, dass das Gespräch über den Holocaust und die Erinnerung an dieses Verbrechen ein Anliegen in unserer Gesellschaft ist, dem immer wieder ein Forum eingeräumt werden muss.

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