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Vom 12.04. bis 19.04.2014
In der Karwoche 2014 absolvierte in Vorbereitung der 10. Bayreuther Gespräche der Vorstand der Wilhelm-Leuschner-Stiftung in La Spezia ein Programm zur Erinnerungskultur in dieser Partnerregion Bayreuths. Von Fabrizio Dellepiane, aus der Stadtverwaltung La Spezia, unserem langjährigen Kooperationspartner, wurde ein umfangreiches Begegnungsprogramm zusammengestellt.

Am Anfang der Woche besuchten wir das Istituto Superiore „Agostino Fossati – Manfredo Da Passano“ La Spezia. Unter der fachkompetenten Führung von Silvia Segalla, der dortigen Deutschlehrerin und Beauftragten für europäische Kontakte, lernten wir die Einrichtung des technisch und naturwissenschaftlich ausgerichteten Gymnasiums kennen und im Gespräch mit Prof. Paolo Manfredini unterhielten wir uns über die Möglichkeiten des Schüleraustausches zwischen Bayreuth und La Spezia. Zugleich konnten wir uns mit dem Schulleiter, der an diesem Tag zum Präsidente di Consiglio Communale gewählt wurde, über die Stadtpolitik in La Spezia im Vergleich zur Kommunalpolitik in Bayreuth austauschen.

 

Am Mittwoch, den 16.04., besuchten wir vormittags im Centro Allende ein Zeitzeugengespräch mit Vorstellung einer Dokumentation. Die Dokumentation beschäftigte sich mit einem Ort im Apennin, in dem 1944 Mordkommandos der deutschen SS-Truppen die Zivilbevölkerung terrorisierten. Der Ort San Terenzo Monti ist in den Bergen rund 37 km von La Spezia entfernt in der Region Toscana gelegen und war einer von vielen Orten, in denen 1944 zahlreiche Verbrechen durch die deutschen Besatzungstruppen begangen wurden. Der in Bayreuth aufgewachsene Feldmarschall Albert Kesselring war der befehlshabende Hauptverantwortliche für die Wehrmachtsverbrechen.

Bei der vorgestellten Filmdokumentation handelte es sich um eine Schülerarbeit des Lyceo Scientifico Antonio Pacinotti, die die Gedenkstätte in San Terenzo Monti zusammen mit Hinterbliebenen der Mordopfer in den Mittelpunkt ihres Films gestellt haben. Ein Nachfahre der Opfer an diesem Ort, der Journalist Roberto Oligero, ist der Vorsitzende des „Komitees der Verwandten der Opfer“ und betreut die Gedenkstätte. Im Anschluss an die Vorstellung des Films diskutierten die Schüler mit dem Zeitzeugen Dr. Franccesco Bernardi, dem Kopräsidenten des Widerstandskomitees ANPI (Nationales Komitee der Partisanen Italiens), der im Frühjahr 1944 an den Widerstandsaktionen in La Spezia beteiligt war.

Der frühere Provinzpräsident Guiseppe Ricciardi berichtete von den Widerstandsaktionen im März 1944, unter anderem auch von dem Generalstreik in der Region, der insbesondere von der gewerkschaftlich organisierten Arbeiterschaft in der Region La Spezia gegen die deutsche Besatzung durchgeführt wurde. Von den Streikbeteiligten wurden viele dann nach Niederschlagung der Streikbewegung durch die deutschen Truppen in das Konzentrationslager Bozen und von dort in die Lager nach Mauthausen, Dachau und Flossenbürg deportiert und kamen dort zu Tode.

 

Am Nachmittag fuhren wir mit Fabrizio Dellepiane in diesen historischen Ort und besuchten die dortige Gedenkstätte gemeinsam mit Roberto Oligero. In dem Ort sind in einem Museum, einer ehemaligen Kapelle, zahlreiche Dokumente, Fotos und Materialien zu den Gräueln der SS-Truppen ausgestellt. Im Ortsteil Valla sul Bardina sind auf einer großen Gedenktafel die Namen der Ermordeten zu lesen, deren Portraits im Sacrificio von San Terenzo Monti ausgestellt sind. Daneben ist ein großes Mahnmal errichtet.

 

Am Donnerstag unserer Begegnungswoche in La Spezia besuchten wir das Kunstmuseum Amedeo Lia, um dann am Nachmittag einen weiteren Gedenkort mitten in La Spezia kennen zu lernen. Im öffentlichen Park vor dem Lyceo Mazzini besuchten wir eine kleine Gedenkstätte, die an die 1944 von La Spezia nach Deutschland deportierten Häftlinge erinnert. In dem Park, der ursprünglich eine Infanteriekaserne beherbergte, wurden in den dortigen Kellern von deutschen SS-Truppen und italienische Faschisten die Gefangenen des Generalstreiks im Frühjahr 1944 misshandelten und anschließend nach Deutschland deportiert.

An der Stelle, der inzwischen abgerissenen Kaserne, wurde ein Mahnmal aufgestellt und neben der Schule die kleine Gedenkstätte eingerichtet. Die Geschichte dieser Gedenkstätte erläuterte uns die Vorsitzende Dr. Doriana Ferrato des A.N.E.D. (Organisation der Angehörigen der Deportierten). Die Übersetzung übernahm Chiara Cozzani, die Vorsitzende der Deutsch-Italienischen Gesellschaft von La Spezia und Deutschlehrerin am Lyceo Mazzini. Sie hatte der Wilhelm-Leuschner-Stiftung vor vielen Jahren die Kontakte zu verschiedenen Organisationen in der Bayreuther Partnerstadt La Spezia vermittelt.

Wir erhielten zahlreiche interessante Informationen über die Erinnerungskultur in der Region La Spezia und erörterten Begegnungsmöglichkeiten von deutschen und italienischen Gruppen u.a. auch einen Besuch der A.N.E.D. von La Spezia in Bayreuth mit Besuch der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. Dort wurden auch italienische Deportierte aus La Spezia ermordet.

Am letzten Tag unserer Begegnungswoche wurden wir am Karfreitag im Rathaus von La Spezia vom Oberbürgermeister Massimo Federici empfangen. Im Mittelpunkt des Gesprächs stand die Erinnerungskultur in Italien und Deutschland und Möglichkeiten der Weitervermittlung an die jüngere Generation.

Dabei stellten wir unser Projekt „Erinnerungsorte in Bayreuth“ vor und entwickelten gemeinsam die Idee, zukünftig Schülergruppen bei Besuchen in La Spezia und Bayreuth mit den jeweiligen Erinnerungsorten vertraut zu machen. Die Wilhelm-Leuschner-Stiftung wird sich bemühen entsprechende Kontakte zu vermitteln und Unterrichtsmaterialien von den Orten in Bayreuth und La Spezia auf Deutsch und Italienisch zu entwickeln. Dies soll den jeweiligen Besuchsgruppen die Möglichkeit zur Information über die Erinnerungskultur in beiden Regionen geben.

Entsprechend unserem Stiftungszweck wollen wir damit zur Aussöhnung und friedlichen Entwicklung der Freundschaft zwischen den beiden Partnerregionen beitragen und die europäische Verständigung weiter entwickeln.

 


 

 
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